Geschichte und Traditionen
Auf dem Logo der Messerschmiede de Laguiole Honoré Durand ist der Schriftzug "Laguiole Honoré Durand" auf der Silhouette eines Stieres abgebildet – ein Garant für echte Handwerkskunst aus Frankreich.
In der französischen Gemeinde Laguiole ist unsere Traditionsschmiede die einzige Messermanufaktur, die sich noch auf die Fertigung von Einzelteilen versteht. Eine Messerschmiede (wir stellen die Einzelteile, die zur Fertigung unserer Messer benötigt werden, selbst her) ist nicht mit einem Messermacher (der die Einzelteile, die nicht in Laguiole fabriziert wurden, nur zusammensetzt) zu verwechseln.
LAGUIOLE wird auf Deutsch "LAJOL" ausgesprochen. Diese Aussprache kommt aus dem Patois, einem lokalen, okzitanischen Dialekt, der heute kaum noch gesprochen wird.
Anmerkung: Die neuesten Nachforschungen haben die Geschichte unseres berühmten Messers rekonstruieren können. (Die Ergebnisse, die von der Forschung von Christian Lemasson inspiriert wurden, können in der Broschüre des Fremdenverkehrsamts des Landkreises nachgelesen werden).
Übersicht: :
Zwei Jahrhunderte Geschichte
1 - [1828] – Geburt des Laguiole-Messers mit dem sog. "Ressort à Cran Forcé", einem mechanischen Verriegelungsmechanismus und einer sehr geradlinigen Form (Laguiole droit). Es handelt sich dabei nicht um das heutige Modell.
2 - [1828 - 1880] – Die lokale Produktion wird durch wenige Handwerker sichergestellt.
3 - [1880 - 1920/30] - Blütezeit der Messerschmieden in Laguiole.
4 - [1930 - 1987] - Die Nachfrage steigt. Die Gemeinde Thiers übernimmt die Herstellung des Laguiole-Messers.
5 - [1987 - 2004] - Die Messerherstellung wird auf Betreiben der örtlichen Politik wiederbelebt.
Legenden und Traditionen
6 – Welche Bedeutung hat das Kreuz auf dem Griff Ihres Messers?
7 - Welches Insekt ist auf der Feder abgebildet?
8 - Warum wird ein Laguiole-Messer verkauft und nicht verschenkt?
9 - Beliebte Gerüchte über das Laguiole-Messer.
Zwei Jahrhunderte Geschichte... und Überlieferungen, die nicht immer der Wahrheit entsprechen.
Das Capujadou Laguiole-Messer: Anfang des 19. Jahrhunderts trug das traditionelle Messer den Namen „Capujadou“. Es bestand aus einer starren, spitzen Klinge, die mit einem Stück Holz, als Griff, verbunden wurde - das erste Laguiole-Messer.
Im Jahr 1828 war Casimir Moulin der erste Messerschmied, der in Laguiole tätig war.
[1828]
Geburt des Laguiole-Messers (Laguiole droit) mit „Ressort à Cran Forcé“ (auch Slipjoint genannt). Es ist nicht mit den heutigen Laguiole-Messern vergleichbar.
Abb 1: Frühes Laguiole-Messer (Laguiole droit). Abbildung aus: "La Coutellerie des Origines à nos jours, Mr Camille Pagé -1896 - Planche Tome 1&2, Seite 300".
Abb 2: Aktuelles Modell des „Laguiole droit“: das „Laguiole Antique“
Das heutige Laguiole-Taschenmessermodell entstand zwischen 1850 und 1860.
Abb. 3: Das Laguiole-Messer der 2. Generation, das zwischen 1850 und 1860 entstand. Abgebildet ist das Laguiole Taschenmesser „Prestige“, aus einem Stück Stahl geschmiedet mit Hirschgeweihgriff.
[1829 - 1880]
Die Messer werden von wenigen ortsansässigen Handwerkern (häufig Schmieden) hergestellt, um die Nachfrage der Bauern im Aubrac zu bedienen. Das erste Messer überzeugt durch eine einfache und puristische Linie. Es ist vor allem ein praktisches und nützliches Werkzeug, das sich mit den wandelnden Bedürfnissen seiner Besitzer weiterentwickelt.
Die erste Ahle (oder Dorn, Trokar) taucht um 1840 auf. Dabei handelt es sich um ein chirurgisches Instrument für Viehzüchter, um Blähungen bei Rindern zu bekämpfen, die vor allem im Frühling auftraten, wenn die Tiere von Heufütterung auf Gras umgestellt wurden. Mithilfe des Trokars wurde der Pansen perforiert. Außerdem wurde es zum Lochen von Lederriemen verwendet uvm.
Um 1880 taucht der eingebaute Korkenzieher beim Laguiole-Messer auf und wird zum unentbehrlichen Accessoire.
[1880 - 1920/30]
Die Blütezeit der Messerschmieden von Laguiole (die Schmieden beschäftigten jeweils etwa 15 Arbeiter), die für ihr qualitativ hochwertiges Kunsthandwerk bekannt sind. Bei nationalen Wettbewerben werden den Messerschmieden aus Laguiole verschiedene Auszeichnungen verliehen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts werden in Thiers die mechanischen Schmiedehämmer entwickelt, aber die Schmieden aus Laguiole entgehen der fortschreitenden Modernisierung und bewahren die traditionelle Handwerkskunst bis heute.
[1930 - 1987]
Schon bald ist der gute Ruf des Laguiole-Messers über die Grenzen von Aubrac hinweg bekannt, was eine steigende Nachfrage zur Folge hat. Gleichzeitig fehlen in Aubrac aufgrund der zwei Weltkriege männliche Arbeitskräfte, weshalb die lokale Produktion nicht mehr ausreicht die Nachfrage zu decken. Die Gemeinde Thiers übernimmt daher die Herstellung des Laguiole-Messers.
Die renommierte handwerkliche Fertigung der Messer in Laguiole bleibt weiterhin bestehen, allerdings in weitaus kleinerem Rahmen als die industrielle Massenproduktion in Thiers.
Ab den 1950er Jahren kann davon ausgegangen werden, dass die Herstellung in Laguiole zum Erliegen gekommen ist.
[1987 - 2004]
Die Messerproduktion wird auf Betreiben der örtlichen Politik (insbesondere dank Pierre Malet) wiederbelebt.
Ab 1985 entstehen wieder Manufakturen.
1988 werden im Produktionsgebiet Laguiole (im Norden des Départements Aveyron) zwei Schmieden gegründet, die die Einzelteile der Messer selbst herstellten (1981 gab es in Laguiole nur noch zwei Anlaufstellen, die in Thiers hergestellte Messer weiterverkauften).
Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Ab 1997 werden im Produktionsgebiet Laguiole etwa 400.000 Laguiole-Messer hergestellt.
Legenden, Gerüchte und Traditionen rund um das Laguiole-Messer
Was bedeutet das Kreuz auf dem Messergriff?
Es wird "Hirtenkreuz" genannt und ziert noch gar nicht so lange den Griff des Laguiole-Messers. Wahrscheinlich tauchte es erstmals Ende des 19. Jh. auf. Auf dem weitläufigen Hochplateau Aubrac, auf dem sich Laguiole befindet, fand jeweils im Mai und Oktober der Almauf- bzw. abtrieb statt, wobei die Hirten oft mehrere Tage mit dem Vieh unterwegs waren.
Die Wanderhirten bohrten die Klinge ihres Messers in einen Laib Brot um vor dem Kreuz zu beten (die „Kapelle“ der Hirten). Aus diesem Grund befindet sich das Kreuz nur auf einer Seite des Griffs.
Die Griffe unserer traditionellen Laguiole-Messer ziert häufig das Kreuz. Auf Kundenwunsch, verzieren wir den Griff aber auch mit anderen Motiven.
Welches Insekt ist auf der Feder abgebildet?
Eine Legende besagt, dass es sich um das kaiserliche Siegel von Napoleon I. handelt (eine Biene), das der Stadt Laguiole als Zeichen der Anerkennung der Tapferkeit der ortsstämmigen Männer im Krieg geschenkt wurde.
In der Fachsprache der Schmiedemeister ist die Fliege der Kopf der Feder, der für die Verriegelung der Klinge verantwortlich ist. Auch bei unseren Laguiole Messern ist die rein technische Benennung für den Kopf der Feder somit "Fliege".
Achtung: Die Fliege/Biene ist kein Garant für die Qualität oder die Herkunft Ihres Messers!
Mehr dazu hier – Wie unterscheide ich ein echtes Laguiole-Messer von einer Fälschung?
Ist auf dem Kopf der Feder immer eine Biene abgebildet?
Wenn man 100-150 Jahre alte Laguiole-Messer betrachtet, ist die Biene nicht das einzige Motiv, das auf der Feder eines Laguiole-Messers abgebildet sein kann. Besonders schöne und außergewöhnliche Laguiole-Messer waren auch mit anderen Motiven verziert: ein menschliches Gesicht, ein vierblättriges Kleeblatt, eine Jakobsmuschel (in Anlehnung an den Jakobsweg, der durch das Aubrac führt), eine stilisierte Biene ohne Musterung, uvm.
Wir führen die traditionelle Vorgehensweise, das Messer nach Kundenwunsch zu personalisieren, fort. Bei uns haben Sie die Möglichkeit, Ihr Laguiole-Messer mit einem Wunschmotiv ganz nach Ihren Vorstellungen zu gestalten. Mehr dazu hier - Das Laguiole-Messer für Sammler.
Es ist ein alter Brauch, dass bei einer Hochzeitsfeier ein (großes) Tranchiermesser verschenkt wird. Das schönste Messer mit Elfenbeingriff war anstatt mit einer Biene, mit einem vierblättrigen Kleeblatt verziert. Es sollte den Frischvermählten Glück bringen.
Warum wird ein Laguiole-Messer verkauft und nicht verschenkt?
Es kursiert die abergläubische Überzeugung, dass scharfe Gegenstände nicht verschenkt werden dürfen, da sonst die Freundschaft oder die Liebe zwischen der/dem Schenkenden und der/dem Beschenkten zerbricht.
Um diesen Fluch abzuwenden oder um die Tradition aufrechtzuerhalten gibt die/der Beschenkte der/dem Schenkenden eine Münze als „Bezahlung“.
Warum sollte man als Gegenleistung für ein geschenktes Messer eine Münze geben?
In Rücksprache mit unseren Kunden scheint diese Tradition in ganz Europa bekannt zu sein! Der genaue Ursprung ist uns aber immer noch ein Rätsel. Sie wissen mehr? Dann schicken Sie uns gerne Ihre Geschichte.
Hier sind einige Theorien, die uns von einem unserer Kunden geschickt wurden:
1. In einigen Büchern, die das Thema Aberglauben behandeln wird durch das Verschenken eines Messers oder eines anderen scharfen Gegenstandes die Freundschaft oder Liebe zur/zum Beschenkten gekappt, es sei denn, man bekommt eine Münze als Gegenleistung. Da die Münze ein Symbol für etwas ist, das nicht zertrennt, zerschnitten oder geteilt werden kann, steht sie für die Unteilbarkeit, die Beständigkeit und den nahezu unvergänglichen Charakter der Freundschaft oder Liebe.
Dieses Symbol steckt auch in der Redewendung "avoir maille à partir", was so viel bedeutet, wie: man trägt einen kleinen Zwist mit jemandem aus, den man nicht beilegen kann („maille" ist das Geld und „partir" bedeutet „teilen"). Die/der Beschenkte bezahlt also mit einem Stück Metall (etwa eine Münze), um das Geschenk zu "kaufen". Dadurch handelt es sich bei dem geschenkten, scharfen Gegenstand nicht mehr um ein Geschenk, sondern um einen Kauf.
Hätten Sie's gewusst? Selbst Königin Elisabeth II. besteht auf der Einhaltung dieses Brauches!
2. Laut dem „Guide de la chance“ (Paris, 1984) ist jede Hieb- oder Stichwaffe, die regelmäßig zum Einsatz kommt oder auch nur getragen wird, "ein machtvoller Gegenstand". Wenn man diese Waffe weitergibt, geht die damit einhergehende Macht verloren, es sei denn, man erhält im Gegenzug eine Münze. Diese Münze bringt der/dem EmpfängerIn nur dann Glück, wenn er oder sie damit ein gebrauchtes Messer kauft.
Auch in der Bibel spielt die Blankwaffe eine wichtige Rolle: Sie findet als Opferwerkzeug Verwendung und wird als heiliger Gegenstand dargestellt, der dem Willen Gottes dient.
Einige Beispiele hierfür sind:
- Das Messer des Abraham: " Und Abraham streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten.", (Elberfelder 1905, Genesis 22:10).
- Das Schwert Christi: "er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete wie die helle Sonne.“, (Lutherbibel 1912, Offenbarung, 1:16).
Die Blankwaffe ist also nach biblischer Auffassung göttlich und dient dem Guten und Wahren. Es handelt sich um einen wertvollen Gegenstand, von dem man sich nicht ohne Gegenleistung trennen sollte (diese Gegenleistung kann auch einen symbolischen Wert haben, wie etwa eine Münze).
Eine andere Geschichte handelt von einem gewissen Vulcain, der ein Schwert fertigen sollte, das jedoch nie bezahlt wurde. Von diesem Tag an bestand er darauf, im Voraus bezahlt zu werden. Manche glauben, dass die Münze diese Vorauszahlung symbolisiert.
Es ist auch historisch überliefert, dass im Mittelalter die/der Schenkende grundsätzlich eine Münze als Gegenleistung für die Blankwaffe verlangte, um vor dem jüngsten Gericht nicht für zukünftige Taten verantwortlich gemacht zu werden. Somit konnte der Schenkende nicht mehr der Komplizenschaft oder Befehlsgewalt bei Verbrechen beschuldigt werden. Der „Verkauf“ der Waffe entband ihn von seiner Verantwortung.
Es gibt jedoch auch positive Verknüpfungen mit diesem Brauch:
- Vor dem 15. Jh. galt das Verschenken eines Messers als Symbol für Treue oder als Vertrag zwischen Kaufleuten.
- Früher wurde einem Kind beim Eintritt in das Erwachsenenalter, zur Erstkommunion, ein Taschenmesser geschenkt.
- In Amerika ist es üblich, Messer und Münze als Geste der Freundschaft zu überreichen.
Es versteht sich von selbst, dass hinter diesem Brauch noch viele weitere Geschichten stehen.
Einige populäre Gerüchte über das Laguiole-Messer, die keinerlei historische Bedeutung haben
- Wenn Sie das Messer, bei eingeklappter Klinge, von der Seite betrachten, stellt die vordere Heftbacke einen Walfischkopf dar.
- die Klinge des Laguiole-Messers symbolisiert das Wasser, der Griff die Erde und die Messingheftbacken das Feuer.
- die Kerben auf dem Klingenrücken stehen für die Wochentage.
- Wenn man den Griff eines 2-teiligen Laguiole-Messers betrachtet (Klinge und Korkenzieher), hat der Griff die Form eines "Frauenbeins". Wenn die hintere Backe konkav ist, ähnelt der Griff einer weiblichen Wade, die in einen Schuh mit Pfennigabsatz übergeht.